DO09. November, 19:00UHR

DIE RÜCKEROBERUNG DER ZUKUNFT

Reihe: Genial Dagegen
KuratorIn: Robert Misik
Vortragende: Milo Rau

IN KOOPERATION MIT BUCH WIEN

Robert Misik im Gespräch mit Milo Rau
DIE RÜCKEROBERUNG DER ZUKUNFT

 

«Milo Rau ist ein Genie.» Die Welt

 

Der neue Intendant der Wiener Festwochen im Gespräch im Kreisky Forum!

Kritiker haben ihn schon den „einflussreichsten“ (Die Zeit) und den „kontroversesten“ (New York Times) Theaterkünstler unserer Zeit genannt – den aus der Schweiz stammenden Autor und Regisseur Milo Rau. Anfang dieses Jahres wurde er in einem spektakulären Mutanfall der Verantwortlichen zum neuen Intendanten der Wiener Festwochen gekrönt. Im dichten Stakkato haut er auch Bücher raus. Eben wurde die „Rückeroberung der Zukunft“ ausgeliefert. Milo Rau wirbelt durch die Welt, gefühlt ist er jede Woche auf einem anderen Kontinent. „Rückeroberung der Zukunft“, basiert auf den Zürcher Poetikvorlesungen des Vorjahrs. Poetik legt er da gleich in voller Breite aus, als Poetik von Solidarität, von gemeinschaftlichen Erfahrungen, Poetik des Kooperativen. Milo Rau ist all das: Künstler, Kämpfer, Denker. „Man kann nicht einsam denken“, sagt er. Ein ehrliches, herrliches, selbstironisches und kluges Buch.

Milo Rau, geboren 1977 in Bern, studierte Soziologie, Germanistik und Romanistik in Paris, Zürich und Berlin. Er ist fester Teil des „Literaturclubs“ im Schweizer Fernsehen, Intendant der Wiener Festwochen und Hauskünstler des NTGent. Seine Theaterinszenierungen und Filme waren bislang in über 30 Ländern zu sehen, werden zu den wichtigsten nationalen und internationalen Festivals eingeladen und vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Europäischen Theaterpreis und dem Schweizer Filmpreis. Legendär etwa die „Zürcher Prozesse“ oder die „Moskauer Prozesse“ und „Hate Radio“.

Moderation: Robert Misik, Autor und Journalist

 

Milo Rau:
Die Rückeroberung der Zukunft: Ein Essay
 Rowohlt-Verlag, Hamburg, 2023. 176 Seiten, 23,50 Euro

 

DI14. November, 19:00UHR

„ROTE BANDITEN“

Reihe: Demokratie
KuratorIn:
Vortragende: Wilhelmine Goldmann, Ferdinand Lacina, Lucile Dreidemy

Wilhelmine Goldmann, Ferdinand Lacina und Lucile Dreidemy im Gespräch

„ROTE BANDITEN“
Geschichte einer sozialdemokratischen Familie

 

Wilhelmine Goldmann gehört zu den VertreterInnen jener Generation, die erst spät angefangen hat, Fragen zu stellen. Die Geschichte ihrer Familie, vor allem die folgenschweren Auswirkungen des österreichischen Bürgerkriegsjahres 1934, blieb ihr lange verborgen. Es bedurfte mühsamer Recherchearbeit, um sie an die Oberfläche zu holen. Das Ergebnis ist eine über das Private hinausgehende Erzählung einer österreichischen Arbeitergeschichte. Am Beispiel ihrer Eltern macht Wilhelmine Goldmann die Entwicklung der Arbeiterklasse aus tiefem Elend zu Bildung und Wohlstand sichtbar. Ausgangspunkt ist der Industrieort Traisen im südlichen Niederösterreich. Den Eltern der Autorin war trotz Schulerfolgen eine höhere Bildung verschlossen. Immerhin konnte der Vater eine Lehre als Schriftsetzer abschließen, die Mutter erkämpfte sich einen Platz in der Handelsschule. Schon in ihrer Jugend begannen beide, sich politisch zu engagieren. Als überzeugte SozialdemokratInnen kämpften sie für Gerechtigkeit und Bildung und verteidigten im Schicksalsjahr 1934 die demokratische Republik gegen die Dollfuß-Diktatur. Nach 1945 nahm Goldmanns Vater seine politische Tätigkeit in Traisen wieder auf, engagierte sich am Wiederaufbau der Republik und wurde 1961 zum Bürgermeister von Traisen gewählt. Die schmerzliche Erfahrung des Jahres 1934 hat nicht nur das Leben seiner Generation geprägt, sie ist bis heute Konfliktstoff in der österreichischen Innenpolitik. Den Hass der „Bürgerlichen“ auf die „Sozis“ hat die Autorin auch in ihrem Berufsleben verspürt und sich immer gefragt: Wo kommt er her? Ihre Familiengeschichte ist der eindringliche Versuch einer historischen Klärung, der bis heute in beiden politischen Lagern ausgewichen wird, weshalb das Trauma des Bürgerkrieges immer wieder wie eine klaffende Wunde aufbricht.

Wilhelmine Goldmann: Nach dem Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien war sie 20 Jahren in der Arbeiterkammer Wien tätig, in der Folge wirkte sie 16 Jahre lang als Managerin in Führungspositionen der ÖIAG, beim Postbus und in der ÖBB Personenverkehr AG. Danach war sie Aufsichtsrätin in verschiedenen Unternehmen, Kuratoriumsvorsitzende der Salzburger Festspiele und Universitätsrätin an der Kunstuniversität Graz.

Ferdinand Lacina: Ökonom, war seit seiner Jugend in der Sozialdemokratie aktiv. Er war u.a. Bundesminister für Finanzen (1986-1995), BM für öffentliche Wirtschaft und Verkehr (1984-86), Staatssekretär im Bundeskanzleramt (1982-84) und Kabinettschef von Bundeskanzler Kreisky (1980-82).

Lucile Dreidemy: Historikerin, ist Senior Lecturer am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien, Redaktionsmitglied der Zeitschrift »zeitgeschichte« und Ko-Initiatorin der Forscher*innengruppe New Cold War Studies. Sie ist Austrofaschismus- Expertin, hat das Buch „Mythos Dollfuss » geschrieben und ist auch Mitglied der Historikerkommission zur Neugestaltung des Dollfuss Museums.

 

Wilhelmine Goldmann:
„Rote Banditen“. Geschichte einer sozialdemokratischen Familie
Promedia 2023, 240 Seiten, ISBN: 978-3-85371-523-9, 25,- €

 

DI21. November, 19:00UHR

ZEITZEUGE EINES JAHRHUNDERTS

Reihe: Demokratie
KuratorIn:
Vortragende: Peter Michael Lingens, Elfriede Hammerl, Christian Kern

*** AUSGEBUCHT!***

Peter Michael Lingens, Christian Kern und Elfriede Hammerl im Gespräch

ZEITZEUGE EINES JAHRHUNDERTS

 

Die Familiengeschichte Peter Michael Lingens‘ ist aufs Engste mit der Geschichte des 20. Jahrhunderts verzahnt. Sein Buch „Zeitzeuge eines Jahrhunderts“ ist ein Plädoyer gegen den Neoliberalismus, von dem er fürchtet, dass er die EU sprengen und einen neuen Faschismus herbeiführen könnte. Der inhaltliche Bogen spannt sich von den familiären Wurzeln in einer in einer Industriellendynastie über das intellektuelle Milieu im Verband sozialistischer Studenten der Zwischenkriegszeit, in dem seine Mutter sich bewegte, bis hin zu den prägenden Stationen seiner journalistischen Karriere in wichtigen Medien des Landes. Dabei führt uns Lingens durch die politischen Skandale der 70er und 80er bis hin zu den geopolitischen und wirtschaftlichen Bedrohungen unserer Gegenwart, wie sie sich insbesondere in der Präsidentschaft Donald Trumps und der Aggression Wladimir Putins manifestierten.
Bei der Buchpräsentation im Bruno Kreisky Forum spricht Peter Michael Lingens mit Christian Kern und Elfriede Hammerl über prägende Ereignisse seiner Familiengeschichte, seiner Zeit als Journalist und über aktuelle Probleme und Herausforderungen für Österreich und Europa.

Peter Michael Lingens, Jahrgang 1939, war Gerichtsaalberichterstatter des Kurier, Herausgeber von profil und Wochenpresse/Wirtschaftswoche, Co-Chefredakteur des Standard und ist derzeit Kommentator der Wochenzeitung Der Falter.

 Christian Kern ist derzeit Geschäftsführer der European Locomotive Group. Davor war er u.a. Vorstand der Verbund AG und Vorstandsvorsitzender der ÖBB -Holding. Von 2016-2018 war er Vorsitzender der SPÖ und von Mai 2016-Dezember 2017 Bundeskanzler.

Elfriede Hammerl ist Journalistin, Kolumnistin, u.a. beim profil,  und Schriftstellerin

 

In Zusammenarbeit mit dem Böhlau Verlag

 

Peter Michael Lingens:
Zeitzeuge eines Jahrhunderts. Eine Familiengeschichte zwischen Adolf Hitler, Bruno Kreisky, Donald Trump und Wladimir Putin
Böhlau Verlag, September 2023, 575 Seiten, ISBN: 978-3-205-21810-4

MI22. November, 19:00UHR

THE GLOBAL SOUTH AND THE FUTURE OF WORLD ORDER

Reihe: Dialoge für morgen
Vortragende: Philipp Blom, Oliver Stuenkel

Philipp Blom in conversation with Oliver Stuenkel

THE GLOBAL SOUTH AND THE FUTURE OF WORLD ORDER

Veranstaltungsort/Venue: Angewandte Interdisciplinary Lab (AIL),
Georg-Coch-Platz 2, 1010 Wien (ehemalige Postsparkasse)

In a restless, multipolar world order, South America’s great powers — Brazil, Argentina, Colombia — are claiming a stronger voice and more agency in global politics. Their strategic position and their political alliances mean that international arrangements need to be readjusted or entirely rethought. Their stance on issues as diverse as Russia’s war on Ukraine and Decarbonization are less and less aligned to the interests of the USA or the EU and more open towards China, India, and Russia, while the size of their economies, internal and external migration, as well as organized crime, armed conflicts and political instability make them a volatile and increasingly crucial factor of the international order. How will South America’s influence evolve, and which interests will South American countries prioritize as the international order is creaking under the strains of multiple crises?

 

Oliver Stuenkel is a Professor at the School of International Relations at Fundação Getulio Vargas (FGV) in São Paulo. He is also a non-resident scholar at the Carnegie Endowment for International Peace in Washington DC and a columnist for Estado de São Paulo and Americas Quarterly. His research focuses on geopolitics and global order, Brazilian foreign policy, Latin American politics and emerging powers. He is the author of several books about geopolitics, including The BRICS and the Future of Global Order (Lexington) and the Post-Western World: How Emerging Powers Are Remaking Global Order (Polity).

Philipp Blom was born in Hamburg in 1970. After living and working in Oxford, London, and Paris, he is now based in Vienna. His historical works, essays, and novels have been translated into 16 languages and have received numerous awards, including a scholarship at the Getty Research Institute in Los Angeles and the German Non-Fiction Book Prize. Blom is also a prolific radio journalist and public speaker.

 

The discussion series Dialogues for Tomorrow critically examines the present from multiple perspectives in order to create a better understanding of tomorrow. Together with the Bruno Kreisky Forum and the Institute for Human Sciences (IWM), the University of Applied Arts Vienna hosts experts from different disciplines to discuss future challenges.

 

DO23. November, 19:00UHR

KAPITALISMUS OHNE DEMOKRATIE

Reihe: Genial Dagegen
KuratorIn: Robert Misik
Vortragende: Quinn Slobodian

Robert Misik im Gespräch mit Quinn Slobodian

KAPITALISMUS OHNE DEMOKRATIE

 

Freiheit und Demokratie, so der Investor Peter Thiel 2009, seien nicht länger kompatibel. Wer die Freiheit liebe, müsse daher versuchen, der Politik in all ihren Formen zu entkommen. Zuflucht suchen könnten Libertäre im Cyberspace, im Weltraum und auf dem offenen Meer. Das mag verblasen klingen, steht aber in einer jahrzehntealten Tradition marktradikaler Ideen: Denker wie Milton Friedman begeisterten sich für das noch unter britischer Oberhoheit stehende Hongkong; Margaret Thatcher träumte von einem Singapur an der Themse.
In Globalisten befasste sich Quinn Slobodian mit Versuchen, ökonomische Fragen der demokratischen Willensbildung zu entziehen, etwa durch ihre Übertragung an internationale Organisationen. In Kapitalismus ohne Demokratie geht es nun um eine andere Lösung für das von Thiel beklagte Problem: die Zerschlagung der Welt in Steueroasen, Privatstädte oder Mikronationen. Slobodian nimmt uns mit auf eine faszinierende Reise durch die Welt der neoliberalen Utopien. Sie führt nach Dubai und Liechtenstein, ins vom Bürgerkrieg zerrüttete Somalia und zu Elon Musks texanischem Weltraumbahnhof. Und sie weitet den Blick auf eine mögliche Zukunft, die uns Sorgen machen sollte.
Das Gespräch findet in englischer Sprache statt.

Quinn Slobodian, geboren 1978 im kanadischen Edmonton, ist Associate Professor am Department of History des Wellesley College. Seine Spezialgebiete sind deutsche Geschichte, soziale Bewegungen und das Verhältnis zwischen den Industrieländern und dem globalen Süden.

Moderation: Robert Misik, Autor und Journalist

 

Quinn Slobodian:
Kapitalismus ohne Demokratie. Wie Marktradikale die Welt in Mikronationen, Privatstädte und Steueroasen zerlegen wollen; Aus dem Englischen von Stephan Gebauer
Suhrkamp, November 2023, ISBN 978-3-518-43146-7, 32,- €

MI29. November, 19:00UHR

DAS NEUE SELBSTVERTRAUEN DER MAGHREB-STAATEN

Reihe: Arab/Middle East Changes
KuratorIn: Gudrun Harrer
Vortragende: Isabelle Werenfels

FACEBOOK Live / ZOOM Live

Gudrun Harrer im Gespräch mit Isabelle Werenfels

DAS NEUE SELBSTVERTRAUEN DER MAGHREB-STAATEN

 

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine war die Hoffnung im Westen groß, dass auch politische Führungen in Afrika und dem Nahen Osten das Vorgehen der transatlantischen Verbündeten mittragen würden. Doch die Länderanalysen offenbaren, wie sehr sich die Wahrnehmungen und Interessenlagen dieser Akteure von denen der westlichen Staatengemeinschaft unterscheiden.

Gerade in Algerien und Tunesien ist die russische Perspektive stark präsent, in der regierungsnahen Presse wie in den sozialen Medien: Nicht selten gilt der ukrainische Präsident als Provokateur und Aggressor. Derlei Reaktionen gründen in tiefsitzenden antiimperialistischen und antiamerikanischen Reflexen, wobei Russland paradoxerweise nicht als imperialistisch wahrgenommen wird.

Gleichzeitig ist die Verhandlungsmacht der Region gegenüber der EU aktuell durch das Migrationsthema gestärkt. Während die Europäische Union mit Tunesien über ein Flüchtlingsabkommen verhandelt, geht das nordafrikanische Land hart gegen Migrant:innen vor. Zudem herrscht große Uneinigkeit innerhalb der EU über die Frage, wie das europäische Asylsystem künftig ausgestaltet werden soll. Auch diesen Umstand können sich die Maghreb-Staaten zunutze machen.

Isabelle Werenfels ist Senior Fellow und ehemalige Leiterin der Forschungsgruppe Afrika und Mittlerer Osten an der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, wo sie zur Maghreb-Region forscht. Ihre Expertise erstreckt sich von politischen Transformationen, Elitenwandel und soziale Bewegungen in den Maghreb-Staaten, über inner-maghrebinische Beziehungen, bis hin zur deutschen und europäischen Politik gegenüber der Region.

Gudrun Harrer, Leitende Redakteurin, Der Standard; Lektorin für Moderne Geschichte und Politik des Nahen und Mittleren Ostens an der Universität Wien und an der Diplomatischen Akademie Wien