DO02. Mai, 19:00UHR

SOUTH AFRICAS NEW ROLE IN INTERNATIONAL RELATIONS

Reihe: Africa. Dimensions of a Continent
KuratorIn: Irene Horejs
Vortragende: Thulie Madonsela

YouTube Premiere

Georg Lennkh in conversation with Thulie Madonsela
SOUTH AFRICAS NEW ROLE IN INTERNATIONAL RELATIONS

 

Today, South Africa plays a leading political and economic role on the African continent. The country is committed to resolving intra-African conflicts and strengthening regional organizations such as the African Union (AU) and the Southern African Development Community (SADC).

In the global economy, South Africa plays a mediating role between industrialized and developing countries. In international organizations such as the United Nations, the G20 and the World Trade Organization (WTO), South Africa sees itself as an advocate for Africa’s interests. In 2023, South Africa held the presidency of the BRICS states, an informal group of emerging economies.

The fact that more than half of South Africa’s population lives below the national poverty line is a cause for concern. The black population is particularly affected. There is hardly any other country in the world where income and wealth are distributed as unequally as in South Africa.

South Africa is also intervening on a geopolitical level. Since the beginning of the Gaza war, the country has been one of the fiercest critics of the Israeli military operation. It has called on the International Court of Justice (ICJ), the main UN legal body responsible for settling disputes between states, to classify Israel’s actions in the Gaza Strip as „genocide“. South Africa has also submitted an urgent appeal to the ICJ to ensure that Israel allows more humanitarian aid into the embattled Gaza Strip.

One of the most knowledgeable experts on historical and current developments in the country is the former Public Protector of South Africa and former founder of the Thuma Foundation for Democracy Leadership and Literacy, Thuli Madonsela. Prof. Madonsela is the director of the Centre for Social Justice(CSJ) in the Faculty of Law at Stellenbosch University, the Law Trust Research Chair Professor of Law in Social Justice Studies and a member of the African Academy of Sciences. She was recently appointed to the UN Scientific Advisory Board and as Chairperson of Cities Alliance. She is a member of the International Anticorruption Advisory Council and Global Justice Leaders.

Prof. Madonsela was one of the drafters of the Constitution and a key participant in the conceptualization and drafting of several laws, including the Promotion of Administrative Justice Act. She also helped draft a number of international human rights instruments and country reports.

Moderation:
Georg Lennkh, former Austrian Special Envoy for Africa  and former EU Special Representative in Chad, board member of the Kreisky Forums

 

MO06. Mai, 19:00UHR

DER KRIEG DAHEIM: DIKTATUR UND GEWALT IN RUSSLAND

Reihe: Zeitenwende
KuratorIn: Cathrin Kahlweit
Vortragende: Julian Hans

Cathrin Kahlweit im Gespräch mit Julian Hans
DER KRIEG DAHEIM: DIKTATUR UND GEWALT IN RUSSLAND

 

Woher kommt die ungeheuere Brutalität, mit der die russischen Soldaten in der Ukraine morden, plündern und vergewaltigen? Warum wehren sich so wenige Russen gegen den Krieg? Wie nutzt der russische Staat strukturelle Gewalt für seine politischen Ziele? Julian Hans, Russland-Experte und ehemaliger Moskau-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung, macht anhand von fünf spektakulären Verbrechen sichtbar, wie sich Gewalt und Erniedrigung in das Leben der Menschen gefressen haben. Wer verstehen will, wie die russische Gesellschaft tickt, findet bei ihm seismographisch-genaue Antworten.
Auch wenn Putin eines Tages nicht mehr im Kreml sitzt, so seine Analyse, wird die russische Gesellschaft doch weiter von Gewalt durchsetzt sein. Denn Menschen, die ihr Leben lang erniedrigt wurden, sind eher  bereit, andere zu erniedrigen. Menschen, die nie erfahren haben, dass ihr eigenes Leben geschützt und geachtet wird, können schwer Achtung und Mitgefühl für andere entwickeln. Menschen, die gelernt haben, dass es keine Wahrheit gibt, die nicht morgen in ihr Gegenteil verkehrt werden kann, werden misstrauisch und hart.

 

Julian Hans befasst sich seit mehr als 30 Jahren mit Russland und Osteuropa. Von 2013 bis 2018 war er Korrespondent der Süddeutschen Zeitung in Moskau. Heute lebt er als Autor in München. Er hat in Frankfurt (Oder), Moskau und Poznań Kulturwissenschaften und osteuropäische Geschichte studiert. Anschließend erhielt er seine journalistische Ausbildung an der Henri-Nannen-Schule in Hamburg. Von 2006 bis 2011 war er Redakteur der ZEIT. Er arbeitet als Redakteur für das Portal www.dekoder.org .

Cathrin Kahlweit, Journalistin und Publizistin, Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung für Mittel- und Osteuropa

 

Julian Hans:
KINDER DER GEWALT. Ein Porträt Russlands in fünf Verbrechen
C.H. Beck, München 2024, ISBN 978-3-406-80886-9, 18,00 €

 

MO13. Mai, 18:00UHR

ARI RATH PRIZE FOR CRITICAL JOURNALISM

Reihe: Ari Rath Preis für kritischen Journalismus
Vortragende: Maria Sterkl, Hillel Schenker, Ziad Abu Zayyad

ARI RATH PRIZE FOR CRITICAL JOURNALISM
EXILE – FLIGHT – EXPULSION

Welcoming address: Oliver Rathkolb, historian and lawyer
Jury statement: Gertraud Borea d’Olmo, Secretary General of the Kreisky Forum

Prize winner: Maria Sterkl, journalist, correspondent of the Austrian daily newspaper Der Standard in Israel and OPT
Laudator: Tessa Szyszkowitz, FALTER columnist and author

Prize winner: Palestine-Israel Journal, Hillel Schenker and Ziad Abu Zayyad, co-editors
Laudator: Gertraud Auer Borea d’Olmo, Bruno Kreisky Forum

 

The „Ari Rath Prize for Critical Journalism“ was established on the basis of a private initiative. In the spirit of the renowned former editor-in-chief of the Jerusalem Post, who passed away in January 2017, it honors journalists who have made outstanding contributions to critical reporting on flight, displacement and asylum that is committed to upholding human rights.
A jury of experts under the chairmanship of Gertraud Auer Borea d’Olmo, the Secretary General of the Bruno Kreisky Forum for International Dialogue and close confidant of Ari Rath, unanimously nominated Maria Sterkl and the Palestine-Israel Journal for the „Ari Rath Prize for Critical Journalism“ 2023.

Maria Sterkl, geboren nahe Krems / Donau, studierte Handelswissenschaft in Wien, Parma und Sønderborg. Ab 2002 journalistische Tätigkeit, zuerst bei den Niederösterreichischen Nachrichten NÖN, dann Salzburger Nachrichten, schließlich bei Der Standard in Wien, zuerst für Wirtschaft, dann Kultur, Chronik und lange Zeit im Politikjournalismus.
Seit 2020 Korrespondentin in Jerusalem, auch für die Frankfurter Rundschau, die Funke Mediengruppe und den STANDARD. Freie Autorin, unter anderem bei der Zeit. Themenschwerpunkte: Israel und Palästina, Zustand der Demokratie und der Menschenrechte, Wirtschaft und Soziales, Kultur und gutes, einfaches Essen.

Das Palestine-Israel Journal wird von Middle East Publications herausgegeben, einer gemeinnützigen Organisation, die 1994 von zwei prominenten palästinensischen und israelischen Journalisten, Ziad AbuZayyad und Victor Cygielman (1926-2007), gegründet wurde. Sie wurde zeitgleich mit den ersten Phasen des Osloer Friedensprozesses ins Leben gerufen, um den Dialog zwischen den Zivilgesellschaften auf beiden Seiten zu fördern und die Basis für die Unterstützung des Friedensprozesses zu verbreitern. Es war von Anfang an klar, dass neben den institutionellen Bemühungen von Palästinensern und Israelis auch Kommunikationskanäle für Akademiker und andere Intellektuelle, Meinungsbildner und politische Entscheidungsträger, Basisorganisationen und Aktivisten geöffnet werden müssen, damit sie ihre Ansichten äußern und sich an der öffentlichen Debatte für eine demokratische und gerechte Lösung des Konflikts beteiligen können.

 

Mitglieder der Jury:

Gertraud Borea d’Olmo, Bruno Kreisky Forum, Legatarin von Ari Rath
Alexandra Föderl-Schmid, stv. Chefredakteurin Süddeutsche Zeitung
Fritz Hausjell, Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaften
Oliver Rathkolb, Institut für Zeitgeschichte

 

Preisträger*innen bisher

2018
Alexandra Föderl-Schmid, ehemalige Herausgeberin und Chefredakteurin Der Standard, seit 2017 Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung in Israel

2019
Silvana Meixner, Heimat-Fremde-Heimat, ORF
Ehrenpreis: Helmut Brandstätter, Kurier

2020
Irene Brickner, Der Standard
Ehrenpreis: Anneliese Rohrer, Kolumnistin Die Presse

2021
Thomas Seifert, stellvertretender Chefredakteur der Wiener Zeitung
Ehrenpreis: Gideon Levy, Kolumnist und Mitglied der Redaktion der Tageszeitung Ha’aretz

2022
Simon Inou, aus Kamerun stammender Journalist und Medienkritiker
Vanessa Spanbauer, freie Journalistin und Historikerin aus Wien

2023
Christa Zöchling, Journalistin und Autorin
Noa Landau; Journalistin Ha‘aretz

 

MI15. Mai, 19:00UHR

NACHDENKEN ÜBER DIGITALE SCHLAMMSCHLACHTEN

Reihe: Philoxenia
KuratorIn: Tessa Szyszkowitz
Vortragende: Eva Menasse

Tessa Szyszkowitz im Gespräch mit Eva Menasse

NACHDENKEN ÜBER DIGITALE SCHLAMMSCHLACHTEN
Wie die Dauervernetzung die Diskussionskultur bedroht

 

Eva Menasse konstatiert in ihrem jüngsten Essay „Alles und Nichts sagen – Vom Zustand der Debatte in der Digitalmoderne“: Nichts hat das Zusammenleben so umfassend verändert wie die Digitalisierung – wir denken, fühlen und streiten anders, seit wir dauervernetzt und überinformiert sind. Die Auswirkungen betreffen alle, egal, wie sehr sie die neuen Medien überhaupt nutzen. Es ist ein Stresstest für die Gesellschaft: Der Überfluss an Wissen, Geschwindigkeit, Transparenz und Unlöschbarkeit ist, vor allem, wenn redaktionelle Verantwortung fehlt, kein Wert an sich.

Die neuen digitalen Umgangsformen zeigen sich seit sechs Monaten besonders krass in der Diskussion über den Nahostkonflikt. Wieso gerade über Gaza und Israel derzeit so heftig gestritten wird, lässt sich geschichtlich und politisch analysieren, sagt die Autorin. Deutschland und Österreich stehen mit Israel in einer anderen Beziehung als Großbritannien und Frankreich – die Diskussion läuft deshalb unterschiedlich. Durch das Netz „sehen“ wir aber alles gleichzeitig und nehmen jeweils die Argumente heraus, die uns passen.

 

Eva Menasse begann als Journalistin bei profil und FAZ und debütierte im Jahr 2005 mit dem Familienroman »Vienna«. Die Autorin wurde in Wien geboren, lebt aber seit 20 Jahren in Berlin. Ihr jüngster Roman »Dunkelblum« war ein Bestseller und wurde in neun Sprachen übersetzt. Ihre Romane, Erzählungen und Essays sind vielfach ausgezeichnet und übersetzt worden – u.a. mit dem Österreichischen Buchpreis, dem Bruno-Kreisky-Preis und dem Ludwig-Börne-Preis.

Tessa Szyszkowitz, Falter-Kolumnistin und Autorin, war Korrespondentin in Moskau, Brüssel, Jerusalem, London. Kuratorin der Reihe Philoxenia im Kreiskyforum, Senior Associate Fellow Royal United Services Institute in London.

 

DO16. Mai, 19:00UHR

REBELLISCHE WIRTSCHAFT – 50 JAHRE ROTER BÖRSENKRACH

Reihe: Genial Dagegen
KuratorIn: Robert Misik
Vortragende: Jonas Grundnig, Peter Rosner, Therese Guttmann, Wilhelm Hemetsberger

Robert Misik im Gespräch mit Jonas Grundnig, Peter Rosner, Therese Guttmann und Wilhelm Hemetsberger

Rebellische Wirtschaft – 50 JAHRE ROTER BÖRSENKRACH

Der „Rote Börsenkrach“, kurz RBK, ist die älteste Basisgruppe an der Universität Wien und stellt dort die Studienvertretung der Volkswirtschaftslehre. Gegründet wurde er im Jahr 1974, unter anderem von Peter Rosner – damals junger Doktorand, später dann VWL-Professor an der Uni Wien. Der „Börsenkrach“ ist aber mehr als bloß „eine Basisgruppe“: Er ist, auch wegen der Netzwerke, die er etablierte, und der Karrieren, die viele Protagonisten machten, und wegen seines Einflusses auf das unorthodoxe ökonomische Denken, eine kleine Legende. Heuer begeht der RBK seinen 50. Geburtstag. Seit seiner Gründung gibt der eine gleichnamige Studierendenzeitschrift heraus.

„Jede_r Einzelne soll selbstbestimmt leben und studieren können. Das heißt, Fragen diskutieren zu können, anstatt stupide anwenden zu müssen, was man an formalen und statistischen Methoden vorgesetzt bekommt. Autoritäres, als Expertentum verkauftes Gehabe von Universitätsangehörigen steht dem im Weg.“ So definiert der RBK heute seine Aufgabe. Er will, heißt es weiter, „eine Plattform für selbstbestimmtes Leben und Studieren sein. Der RBK ist emanzipatorisch…“

Trotz der suggestiven Farbe im Namen war der RBK nie eine sozialistische oder kommunistische Parteiorganisation. „Wir waren schon am Marxismus interessiert, aber wir haben uns keiner Ideologie fix verbunden gefühlt“, so Gründungsvater Peter Rosner kürzlich im STANDARD.

So manche Mitstreiter*innen des RBK haben nach ihrem Studium bemerkenswerte Laufbahnen hingelegt, wie etwa Gertrude Tumpel-Gugerell, die als Notenbankerin im Direktorium der Europäischen Zentralbank Karriere machte, oder der international renommierte Forscher Ernst Fehr oder Investmentbanker Willi Hemetsberger.

 

Jonas Grundnig, Roter Börsenkrach

Peter Rosner, Wirtschaftswissenschaftler

Therese Guttmann, Institute for Ecological Economics, WU Wien

Wilhelm Hemetsberger, Vorstandsvorsitzender Ithuba – Capital

Moderation:

Robert Misik, Autor und Journalist

DO23. Mai, 19:00UHR

MITLEID

Reihe: Demokratie
KuratorIn:
Vortragende: Franz Schuh, Katharina Moser

Franz Schuh im Gespräch mit Maria Katharina Moser

MITLEID
Plädoyer für ein unzeitgemäßes Gefühl

 

Titel und Idee zu dieser Veranstaltung entstammen einem Buch des Theologen Alfred Holl. 1954 zum Priester geweiht, brachten ihn seine Texte in Konflikt mit der katholischen Kirche; 1976 folgte die Suspendierung vom Priesteramt. Er lebte als Schriftsteller und freier Publizist in Wien, wo er 2020 starb. Der Residenzverlag publiziert seit 2021 eine Werkausgabe seiner Schriften, herausgegeben von Walter Famler und Harald Klauhs. Holls Buch „Mitleid im Winter“ erscheint dieser Tage mit einem Vorwort von Franz Schuh.

„Adolf Holl war einst Kaplan und danach einer der Moderatoren des seligen Club 2. Aber vor allem war er, auch wenn dies am wenigsten bemerkt wurde, einer der großen Schriftsteller Österreichs. Das ist deshalb weniger bemerkt worden, weil seine Bücher religiöse Themen hatten, obwohl Holls Darstellungen über religiöse Beschränkungen hinaus gingen. Sein Buch „Mitleid im Winter“ ist literarisch ein Meisterwerk, aber es ist auch für sogenannte „Sachfragen“ zuständig. Die Grundfrage könnte man so formulieren: Mitleid ist ein Gefühl, dessen man sich nicht erwehren kann, aber nicht selten erwehren muss. Zwischen der nötigen Selbstsorge und der Sorge für andere herrscht nicht einfach Einigkeit“. (Franz Schuh)

Schuh hat in seinem Buch „Hilfe. Ein Versuch zur Güte“ thematisch verwandt argumentiert: Die Bürokratisierung von Hilfe, ihre gesetzliche und organisierte Verankerung in der Gesellschaft, sei zuverlässiger als das naturgemäß schwankende Mitleidsgefühl, ohne das allerdings die – wie immer auch gut organisierte – Hilfe gar nicht existieren könnte.

Über charakteristische Ambivalenzen des Mitleids soll mit Dr.in Maria Katherina Moser gesprochen werden. Sie ist Leiterin der Diakonie, kommt also aus der Praxis und kennt sich als Theologin und Pfarrerin ebenso gut in der Theorie aus.

 

Maria Katharina Moser ist evangelische Pfarrerin, Sozialethikerin und seit September 2018 Direktorin der Diakonie Österreich. Sie studierte Theologie in Wien sowie interkulturelle Frauenforschung in Manila. Nach Arbeitserfahrung in Jugendarbeit, Erwachsenenbildung und an der Universität war sie von 2007 bis 2014 als Redakteurin in der Hauptabteilung Religion TV beim ORF tätig. Danach folgte der Schritt ins Pfarramt: sie war zunächst Vikarin und dann Pfarrerin in der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. Wien-Simmering und wissenschaftliche Referentin des Instituts für öffentliche Theologie und Ethik der Diakonie.

Franz Schuh studierte Philosophie, Geschichte und Germanistik. Er ist Schriftsteller, Lehrbeauftragter an der Universität für Angewandte Kunst in Wien und Kolumnist für Zeitschriften und Rundfunkstationen. Er erhielt u.a. 2006 den Preis der Leipziger Buchmesse, 2011 den Österreichischen Kunstpreis und 2021 den Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik und Essay. Bei Zsolnay erschienen zuletzt „Lachen und Sterben“ (2021) und „Ein Mann ohne Beschwerden“ (2023).

 

DI28. Mai, 19:00UHR

PLÄDOYER FÜR EINEN PRAGMATISCHEN MULTILATERALISMUS

Reihe: Transatlantica
KuratorIn: Eva Nowotny
Vortragende: BM Alexander Schallenberg

Eva Nowotny im Gespräch mit Außenminister Alexander Schallenberg

PLÄDOYER FÜR EINEN PRAGMATISCHEN MULTILATERALISMUS

„Die Welt befindet sich in einem traurigen Zustand.“ Dieses Fazit hat der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg im September 2023 vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York gezogen. Aus seiner Sicht gehört die aktuelle Zeit „unbestreitbar zu den schwierigsten der jüngeren Geschichte“: Die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, die Klimakrise, Armut und soziale Spaltungen seien enorme Herausforderungen. Verschiebungen und Risse in den Systemen, die Handel, Sicherheit und die multilaterale Kooperation organisieren, seien bereits zu bemerken. Das verursache, sagte Schallenberg, bei vielen Menschen ein „Gefühl der Unsicherheit und des Unbehagens, ein Gefühl, in einem permanenten Ausnahmezustand zu leben“.

Für den Außenminister steht fest, dass eine Erneuerung und Neuausrichtung der internationalen Zusammenarbeit unumgänglich ist. Möglichst rasch müsse ein „vernünftiger und pragmatischer Multilateralismus Einzug halten“, etwa durch eine Umgestaltung des UN-Sicherheitsrats. Das aktuelle multilaterale System agiert aus seiner Sicht nicht proaktiv und effektiv genug. Das nach dem Zweiten Weltkrieg ins Leben gerufene Gremium spiegele die Welt von heute nicht mehr wieder und müsse Ländern, die bei seiner Gründung ausgeschlossen wurden, einen Sitz anbieten – auch Staaten aus Afrika. Auch Österreich werde sich bei den Wahlen im Jahr 2026 für einen nicht-ständigen Sitz bewerben.

Alexander Schallenberg blieb in New York trotz aller Herausforderungen optimistisch: „Wir werden aus dieser Ära der Transformation gestärkt, wohlhabender und widerstandsfähiger hervorgehen.“ Wird sich diese Prognose bewahrheiten? Kann es gelingen, die Vereinten Nationen hin zu einem Raum für echten Dialog und weg von einer Echokammer oder einem Club von Gleichgesinnten zu entwickeln? Wie geht es weiter mit der internationalen Zusammenarbeit in globalen Krisenzeiten?


Alexander Schallenberg
, Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

Eva Nowotny, Vorstandsmitglied des Bruno Kreisky Forums, Diplomatin i.R.

 

Mag. Alexander Schallenberg, LL.M ist seit Dezember 2021 Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten der Republik Österreich. Er wurde am 20. Juni 1969 in Bern, als Sohn eines österreichischen Diplomaten, geboren. Von 1989 – 1994 studierte er Rechtswissenschaften an der Universität Wien und an der Université Paris II Panthéon-Assas. Anschließend absolvierte er ein Studium des Europäischen Rechts am Collège d’Europe in Brügge.
Schallenberg trat 1997 in den diplomatischen Dienst der Republik Österreich ein. Seine erste Auslandsverwendung führte ihn als EU-Rechtsexperte an die Ständige Vertretung Österreichs bei der Europäischen Union in Brüssel. Später diente er als Pressesprecher mehrerer Außenminister, als Leiter der Stabsstelle für strategische Planung und als Europa-Sektionsleiter. Ab März 2018 leitete er die EU-Koordinationssektion im Bundeskanzleramt.
Im Juni 2019 wurde Alexander Schallenberg erstmals zum Außenminister in der Bundesregierung Bierlein ernannt. Zeitgleich war er mit der Leitung der Agenden für EU, Kunst, Kultur und Medien betraut. Ab Jänner 2020 war Alexander Schallenberg Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten in der Bundesregierung Kurz II, bis er am 11. Oktober 2021 das Amt des Bundeskanzlers der Republik Österreich übernahm.