30 Jahre BKF

Gertraud Auer Borea d’Olmo, Generalsekretärin bis 31.7.2024

Bruno Kreiskys Sofa mit Josef Frank-Bezug

Das Bruno Kreisky Forum für internationalen Dialog, gegründet am 25. Mai 1991 von Bundeskanzler a.D. Dr. Franz Vranitzky, feiert 2021 seinen 30. Geburtstag!

Wir sind eine unabhängige, öffentliche Ideenschmiede, die für die Öffentlichkeit zugänglich ist und kollektive Prozesse der Reflexion fördert. Im Laufe der Jahre haben viele internationale Gäste das Forum durch ihre Anwesenheit geehrt und so einen Beitrag zu seinem ausgezeichneten internationalen Ruf geleistet. Das Forum, das früher dem verstorbenen Kanzler Bruno Kreisky als Wohnhaus diente und sich in wunderbarer Lage am Stadtrand von Wien befindet, ist heute ein Ort, an dem Vorträge und Seminare gehalten und, in kleinem Kreis, Diskussionen geführt werden, die sich mit den wesentlichen Themen unserer Zeit auseinandersetzen. Das Forum eignet sich besonders für einen vertraulichen Austausch von Gedanken hinter verschlossenen Türen.

Wir können mit gutem Grund sagen, dass es den von seinen Gründern angestrebten Zweck erfüllt. Es wurde zu einem weithin bekannten Zentrum des internationalen Dialogs, das in seinem Bereich höchste Achtung und Wertschätzung findet. Die Methoden und Arbeitsweisen des Instituts wurden laufend weiterentwickelt und verbessert, so dass sie inhaltlich auch weit außerhalb der Grenzen Wiens Anerkennung gefunden haben. Zum jetzigen Ruf des Bruno Kreisky Forums trug eine Reihe von Elementen bei, wie gründliche Aufbereitung der Themen, ein weites Netz von Beziehungen und Kontakten, anerkannte Teilnehmer*innen, neutrale Moderato*innen, diskrete Diskussionen, Integrität des Engagements, höflicher Austausch unterschiedlicher Vorstellungen, objektive Berichterstattung  und methodische Nachbearbeitung.

Im Laufe der Zeit entwickelte sich das Bruno Kreisky Forum zu einem unvergleichlichen Ort der Begegnung von Menschen und des Austausches von Meinungen zu den verschiedensten Themen. Das wesentlichste Merkmal der Tätigkeit des Forums ist seine Fähigkeit, auf sensible menschliche und politische Probleme aufmerksam zu machen und einen Kommunikationsprozess zwischen gegnerischen Parteien in Gang zu setzen, und zwar innerhalb Europas, zwischen Europa und seinen benachbarten Regionen sowie zwischen Europa und dem Nahen Osten.

Infolgedessen wurde das Bruno Kreisky Forum eine wichtige europäische Drehscheibe für internationale Partner. Je intensiver und umfassender seine Tätigkeit wurde, umso mehr wuchs das Interesse, dieses Modell in andere Länder zu übertragen, in dem Bemühen, die von ihm gepflogenen Werte und Fähigkeiten der Kommunikation auch an andere in Konflikt stehende Parteien weiterzugeben, widersprüchliche Darstellungen zu überwinden und verletzte politische Gegner miteinander zu versöhnen. Dabei geht es immer darum, tiefes Verständnis für die Konflikte aufzubringen, um auf dieser Grundlage eine Alternative zu Konflikten und scheinbar unüberwindlichen Gegensätzen anbieten zu können.

Im Jahr 2005 habe ich die Funktion der Generalsekretärin von Margit Schmidt, Bruno Kreiskys langjähriger Mitarbeiterin und engen Vertrauten, übernommen. Ich habe meine Arbeit mit der Absicht begonnen, ein Programm zu machen, das Bruno Kreisky interessiert, irritiert, angeregt, aufgeregt, aber niemals gelangweilt hätte. Gemeinsam mit dem besten Team der Welt, mit unseren Kurator*innen, beeindruckenden Gästen aus dem In- und Ausland und dank einer guten Zusammenarbeit mit den Institutionen ist uns das, denke ich, gelungen.

Video: 30 Jahre Bruno Kreisky Forum

 

Rudolf Scholten, Präsident

Der Aura von Bruno Kreisky wurde und wird viel zugeschrieben. Sein Bild von einer „besseren Welt“ erlaubte einen großen Spielraum für zusätzliche Einbeziehungen, die die Sogwirkung, die von seinem politischen Handeln ausging, noch verstärkten. Dass in einem so intensiven Maße eine Wechselwirkung zwischen Aura und ihrer Interpretation entsteht, ist ein Beleg großer politischer Wirkung und ein historischer Glücksfall.
Die Aversion gegen eine „biedermeierhafte“ Beschränkung auf die engen Grenzen des eigenen Umfeldes war bei Bruno Kreisky legendär und führte zur einzig möglichen politischen Reaktion: Österreich und sich selbst intensiv auf internationalem Niveau als politischen Akteur einzubringen, Probleme und Krisen nicht damit zu bagatellisieren, dass sie zu weit weg stattfinden, sondern Betroffenheit und Verantwortung im Wortsinn global zu verstehen. Den Spielraum Österreichs hat er dabei immer als vorteilhaft ungebunden interpretiert und nicht als durch seine mangelnde internationale Bedeutung beschränkt. Österreich und Bruno Kreisky waren internationale Akteure und das nicht zufällig, sondern weil er diese Relevanz überzeugend behaupten konnte.
Viel von dieser „Zuständigkeit“ ist im Wohnhaus Bruno Kreiskys in der Armbrustergasse zu spüren. Dies nicht als atmosphärische Überschätzung, sondern als erlebbare Wahrnehmung von Räumen, die schon viele internationale Begegnungen, streitbare Auseinandersetzungen, aber auch diskrete Versöhnungsversuche beherbergt haben. Nicht esoterische Erwartungen an Wände und Räume lösen diese Erlebnisse aus, sondern das Wissen um zahlreiche Beispiele historisch wichtig gewordener Treffen, die hohen Erwartungen an das Niveau der geführten Gespräche und wohl auch unsere eigene Sehnsucht nach einer aktiven politischen Rolle, die ein Land wie das unsere spielen könnte, wenn man sich der beschriebenen Überzeugung politischer Verantwortung wieder nähern würde.
Glücklicherweise hat Franz Vranitzky schon bald nach dem Tod Bruno Kreiskys die Idee zu realisieren begonnen, den Vorteil dieses Ortes, den „Genius Loci“, für ein politisches Projekt zu nutzen, das dringend nach einer Adresse gesucht hat. In Österreich ein Zentrum für internationalen Dialog zu schaffen, war eine inhaltlich geradezu zwingende Herausforderung, eine in der Realisierung weitblickende und zur richtigen Zeit die notwendige Dynamik entwickelnde Initiative.
Unter der Leitung von Margit Schmidt und seit 2005 von Gertraud Auer ist es gelungen, die Aura des Namensgebers und des Ortes gemeinsam mit der Reputation und dem persönlichen Engagement von Franz Vranitzky dafür einzusetzen, eine mittlerweile – im besten Sinn des Wortes – selbstverständliche Plattform zu etablieren, die diesen hohen Ansprüchen gerecht wird.
Das „Bruno Kreisky Forum für internationalen Dialog“ ist ein Ort, der vor einem breiten Horizont Themen dieser Welt aufgreift und sich als Partner verschiedener Initiativen einbringt, die konstruktiv Vorschläge für Konfliktlösungen erarbeiten. Zugleich bietet das „Kreisky Forum“ auch Raum und Zeit für Diskussionen und Projekte, die sich in mannigfaltiger Hinsicht um eine „bessere Welt“ bemühen.

 

Margit Schmidt, Generalsekretärin bis 2004

Begonnen hat es am Abend des 7.August 1990. Nach dem Begräbnis Bruno Kreiskys versammelten sich politische Weggefährten, Freunde und Mitarbeiter in der Armbrustergasse 15 – dem Wohnhaus der Familie Kreisky – zu einem Abschiedsempfang. Erinnerungen wurden ausgetauscht über Gespräche mit Kreisky, Begegnungen in diesem Haus und es war plötzlich die Meinung vieler, man müsse es erhalten als Ort der Begegnung, die Atmosphäre und der „Geist!“  die hier noch spürbar sind, sollten benützt werden. Nach vielen Gesprächsrunden und mit Unterstützung von Karl Kahane – einem persönlichen Freund Kreiskys – und dem damaligen Finanzminister Ferdinand Lacina, der Kabinettschef bei Kreisky im Bundeskanzleramt war, wurde die Idee zur Gründung des Bruno Kreisky Forums für internationalen Dialog 1991 geboren. Dass Bundeskanzler Franz Vranitzky die Präsidentschaft übernommen hatte, verlieh dem Forum im In- und Ausland großes Gewicht. Nach einer Umbauphase wurde das Kreisky Forum mit einem Vortrag des französischen Außenministers Roland Dumas öffentlich vorgestellt, der amerikanische Ökonom John Kenneth Galbraith war ebenfalls einer der Eröffnungsredner. Beide Männer hatten zu Bruno Kreisky seit langem eine persönliche Beziehung und waren sofort bereit nach Wien zu kommen. Viele internationale Gäste folgten, es würde den  Rahmen sprengen, alle aufzuzählen. Zu den Schwerpunkt-Themen, die Kreisky wichtig waren, aber auch für die Gegenwart und Zukunft noch relevant sind, wurden Vorträge, Symposien, Diskussionen veranstaltet und  österreichischen und internationalem Zuhörern   präsentiert. Vertreter der Botschaften und internationalen Organisationen waren ebenso interessiert, wie ein interdisziplinäres Publikum aus Österreich. Zu den Schwerpunkten zählten Europa, der Friedensprozess im Nahen Osten, der Nord-Süd-Dialog/Entwicklungszusammenarbeit, Beschäftigungspolitik, Menschenrechte.
Seit der Gründung bis heute hat sich das Kreisky Forum etabliert und trägt bei zur Auseinandersetzung mit Außenpolitik und internationale Beziehungen.

Eva Nowotny, Kuratorin der Reihe „Transatlantica“


In den 25 Jahren seines Bestehens hat sich das Bruno Kreisky Forum für Internationalen Dialog einen festen Platz als Ort der Begegnung, der Diskussion, der Anregung und des Gedankenaustauschs erobert und damit gleichzeitig das Erbe seines Namensgebers gepflegt – nämlich in einem Land, in einer Stadt, wo das nicht immer selbstverständlich ist, für Offenheit,  Internationalität und Respekt von anderen und neuen Ideen einzutreten. Wie wichtig diese Initiative war und mit welcher Begeisterung und mit welchem Interesse sie angenommen wurde, wird durch die ständig wachsende Zahl der Teilnehmer an den Veranstaltungen eindrücklich bestätigt. Seit einigen Jahren hat das Bruno Kreisky Forum aber auch eine zweite Schiene entwickelt, in der über die reine Veranstaltungs- und Vortragstätigkeit hinaus thematische Schwerpunkte gesetzt und längerfristig in Gruppen von anerkannten Experten  bearbeitet werden. Europa, die Weiterentwicklung der Europäischen Union und das Verhältnis zu ihren Nachbarn ebenso wie der Nahe und Mittlere Osten und das israelisch/palästinensische Verhältnis sind und bleiben im Mittelpunkt.  Es ist dem Bruno Kreisky Forum dabei gelungen,  neue Ideen und Denkansätze zu erarbeiten, die weit über Österreich hinaus Interesse und Aufmerksamkeit erregt haben, und sich damit nicht nur als Diskussionsforum sondern auch als „Think Tank“ zu präsentieren, der als solcher international wahrgenommen wird.

 

Georg Lennkh, Kurator der Reihe „Africa. Dimensions of a continent“

Armbrustergasse 15: Wie viele Stunden und Tage hatten wir uns hier aufgehalten. Der Salon, in dem wir Gespräche mit Arafat oder Willi Brandt mitschrieben. Die Fenster im Eck des großen Saales waren einst das des  Frühstückszimmers, in dem die wichtigsten Programmpunkte des Tages durchgegangen wurden. Der Garten, in dem Bruno Kreisky mit Olof Palme und Felipe Gonzalez saß.  Erinnerungen stecken überall und werden mit den vielen Fotos umso lebendiger. Die Aura des Hauses ist immer noch da. Aber hier sollte eben kein Mausoleum, kein Geschichtemuseum entstehen.

Die Einrichtung der Institution Bruno Kreisky Forum war ein Wagnis und ist es immer noch. Die tausend Ideen, die wir vor zwanzig Jahren dafür hatten, mussten in Form gebracht werden, mussten die materiellen Zwänge berücksichtigen und mussten die Brücke zwischen einer historischen Epoche, geprägt von einer Ausnahmepersönlichkeit, zu einer neuen Zeit in einer neuen Welt schaffen, in der Multilateralismus und Globalisierung Einzelinitiativen meist überdecken .Das Bruno Kreisky Forum war uns allen ein persönliches Anliegen, waren wir doch alle geprägt von den vielen Jahren der Arbeit mit und für Bruno Kreisky, der uns so viel gegeben hatte. Daher schien es uns wichtig, etwas von dieser Atmosphäre weiter zu transportieren, vom Geist der vielen politischen und internationalen Begegnungen, die in der Armbrustergasse stattgefunden hatten, und von der politischen Gesinnung, die sie geprägt hatten.
Nicht alles ist gelungen, wir hätten uns vieles  größer vorstellen können, aber doch ist auch vieles besser gelungen als gedacht. Ein nicht abreißender Strom von jungen, neugierigen Leuten, von älteren Weggefährten, von Politikern und Staatsgästen, von Journalisten, Studenten und Professoren findet den Weg in dieses Haus, zu einer weiten Palette von Veranstaltungen, Vorträgen, Gesprächen, Seminaren oder vertraulichen Treffen. Möglich war das nach der großzügigen Stiftungsspende der Familie Kahane, dann aber vor allem durch die unermüdliche Arbeit der beiden bisherigen Generalsekretärinnen und ihrer Teams. Der Erfolg aber hat eben auch mit der Ausstrahlung zu tun, die der Name  Bruno Kreisky’s heute noch hat, ja mehr denn je hat. Ist es nicht so, daß wir trotz der schon beschworenen Globalisierung, der neuen Welt der Apolarität, der fragilen Staaten, das Gefühl haben, zu einer Kreisky’sche Gesamtschau der Weltpolitik zurückkehren zu sollen, und dass die gesamte Tätigkeit des Kreiskyforums zumindest einen Beitrag dazu leisten kann. Die Aufgaben für die nächsten zwanzig Jahre werden damit zu einer nicht geringen Herausforderung.

 

Ewald Nowotny, Mitglied des Vorstandes

Der Gründungsgedanke des Bruno Kreisky Forums für Internationalen Dialog lag wohl darin, die Bemühungen um größere internationale Offenheit Österreichs, die einen wesentlichen Teil des Wirkens von Bruno Kreisky ausmachten, weiterzutragen. Ideen brauchen, um wirksam zu werden, der Materialisierung und daher war es naheliegend – und ein Glücksfall – das Wirken des Bruno Kreisky Forums mit der „Kreisky Villa“ in der Armbrustergasse zu verbinden. Dieses wahrlich geschichtsgeprägte Haus strahlt eine „Aura“ aus, die nicht nur die spüren, die das Glück und die Herausforderung hatten, mit Bruno Kreisky zusammen zu arbeiten, sondern auch Besucher jüngerer Jahrgänge. Und nicht zuletzt hilft die Magie des Hauses auch, wenn es darum geht, prominente Vortragende zu gewinnen. Es ist nicht das geringste Verdienst von Mitarbeiterinnen, Mitarbeitern und Vorstand des Bruno Kreisky Forums, dieses Geschichts-geprägte, alte Haus gepflegt und für moderne Bedürfnisse adaptiert zu haben. Es ist heute weiterhin ein wichtiger Punkt in der intellektuellen Landschaft Österreichs – und in vieler Hinsicht auch der Welt. Und es ist für mich persönlich nicht nur ein Ort der Erinnerung, sondern ein fast magischer Ort des geistigen und moralischen „Auftankens“.
Inhaltlich ist die Aufgabe, in Österreich den internationalen Dialog zu führen und weiter zu entwickeln in den 25 Jahren des Bestehens des Forums nach meiner Einschätzung zunehmend schwieriger geworden. Österreichs EU-Mitgliedschaft dürfte in vielen relevanten Bereichen eher zu der „Abgabe von Verantwortung“ und zu stärker binnenorientiertem „Kleinstaat-Denken“ geführt haben. Das gilt nicht nur für Europa-übergreifende Themen, sondern selbst für Themen unserer – speziell östlichen – Nachbarschaft. Gerade die „Kreiskysche“ Verknüpfung der Verbindung politischer und wirtschaftlicher Analyse wäre hier von Bedeutung – bedarf freilich auch der dafür fähiger und bereiter Akteure. Aus dieser Konstellation ergibt sich auch der Ansporn für die nächsten 25 Jahre des Bruno Kreisky Forums: In schwierigem geistigem Terrain das Interesse und die Fähigkeit zum internationalen Dialog wachzuhalten und weiterzuführen – keine einfache Aufgabe, aber eine schöne Herausforderung!

 

25 Jahre Bruno Kreisky Forum für internationalen Dialog
Pressestimmen und Reflexionen des Vorstandes