Bisherige Reihen
„Die Freiheit, frei zu sein“. Gespräche über Demokratie und Solidarität kuratiert von Elisabeth Scharang, freischaffende Filmemacherin, Drehbuchautorin und Journalistin
„Die Freiheit, frei zu sein“ (Hannah Arendt) steht als Titel über einer neuen Gesprächsreihe über Solidarität und Demokratie kuratiert und moderiert von der Filmregisseurin und Radiomoderatorin Elisabeth Scharang.
Wieviel Individualität verträgt eine Gemeinschaft und wieviel Partizipation der Bürger*innen braucht die Demokratie? Scharang diskutiert mit ihren Gästen über Themen wie die Auflösung von Gesellschaftsverträgen, vererbte Bildungschancen und die Möglichkeiten von Bürger*innenräten. Sie greift dabei aktuelle Debatten auf, die polarisieren, und stellt ihnen in dieser Gesprächsreihe eine differenzierte Auseinandersetzung gegenüber.
Diese Reihe fand von 2021-2022 statt.
DIE FREIHEIT FREI ZU SEIN – Programm 2021-2022
Aufgebrochene Identitäten kuratiert von Isolde Charim
Wir leben in einer pluralistisierten Gesellschaft. Das ist ein relativ neues Faktum. Und es ist ein unhintergehbares Faktum: Wir können nicht mehr zurück. Es gibt keinen Rückweg in eine nicht-pluralistische, in eine homogene Gesellschaft. Das ist eine einfache Feststellung. Nicht ganz so einfach ist die Klärung der Frage, was das genau bedeutet. Was ist eine pluralisierte Gesellschaft? Und welche Auswirkungen hat das? Anders gefragt: Was heißt es, in einer pluralisierten Gesellschaft zu leben?
Im gängigen Verständnis lautet die Antwort: Es gibt ein Nebeneinander unterschiedlicher Kulturen. Das aber würde bedeuten, die Pluralisierung bestehe in einer Akkumulation von kulturellen, religiösen, ethnischen Unterschieden. Eine Addition, wo etwas Neues zu einem Bestehenden hinzukommt. Zu den Österreichern kommen dann Jugoslawen, Türken oder neuerdings Moslems und Flüchtlinge hinzu.
Diese Vorstellung von Pluralisierung beruht aber auf einem grundlegenden Missverständnis: auf dem Missverständnis, dass die Vielfalt eine Gesellschaft unverändert lässt. Das ist die Vorstellung: durch Integration, durch einen gewissen Grad an Anpassung könne die Gesellschaft so bleiben wie sie bisher war. Pluralisierung aber ist kein äußerlicher Vorgang. Es ist eben kein Nebeneinander, das die Teile unberührt ließe. Pluralisierung meint vielmehr jenen Vorgang, in dem die Diversifizierung, in dem die Verschiedenheit eine grundlegende Veränderung bewirkt.
Es ist dies eine Veränderung aller Beteiligten – Einheimische und Migranten. Es ist dies aber auch eine Veränderung der politischen Formen, eine Veränderung der gesellschaftlichen Abmachungen, Konsense und Konfliktlinien.
Das Bruno Kreisky Forum möchte sich dieser Problematik in einer neuen Reihe widmen. Deren thematische Reichweite soll sich von der Frage nach dem Verhältnis von Pluralisierung und grassierendem Populismus bis hin zu der Frage nach möglichen, neuen Demokratiemodellen für ebensolche Gesellschaften, die „kein Weltbild mehr teilen“ (Charles Taylor), erstrecken.
Diese Reihe fand im Jahr 2018 statt.
Aufgebrochene Identitäten Programm
Diaspora. Erkundungen eines Lebensmodells kuratiert von Isolde Charim
Warum sprechen wir eigentlich von Diaspora? Warum nicht von Parallelgesellschaft, Multikulturalismus, Exil, Migration oder Integration? Denn natürlich sind das alles Themen, die in der einen oder anderen Form hier behandelt werden. Aber all diese Begriffe sind Master-Kategorien, wie Saskia Sassen das nennt, Kategorien, deren unmittelbare, einleuchtende Eindeutigkeit die Verschiebungen und Veränderungen, die wir in den Blick bekommen wollen, verdecken.
Parallelgesellschaft (einmal abgesehen von ihrer politischen Konnotation) rückt ebenso wie Exil die Abgrenzung ins Zentrum und verkennt, dass es immer auch – egal wie abgeschottet eine Gemeinschaft leben mag – eine Interaktion mit der umgebenden Lebensrealität gibt. Migration und Integration erfassen zwar Bewegungen, bleiben aber völlig einseitig.
Und Multikulturalismus befriedigt zwar unsere Sehnsucht nach dem Echten und Ursprünglichen, aber um den Preis, den Fremden zum Träger einer authentischen und eindeutigen Identität zu machen. Gegen diese Eindeutigkeiten und Einseitigkeiten brauchte es also einen Begriff, der dem widerspricht, was ein Begriff leisten soll: Es brauchte einen uneindeutigen Begriff. Genau dieses Paradoxon erfüllt „Diaspora“. Das ist die konzeptionelle Erklärung für diese Wahl.
Diese Reihe fand von 2015-2017 statt.
Die Krise der Aufklärung kuratiert von Philipp Blom
Die Kultur und Geschichte der Moderne stehen in einem engen und dialektischen Zusammenhang mit dem Phänomen der Aufklärung. Dieser Zusammenhang aber impliziert nicht, dass Kernideen des aufgeklärten Denkens – Freiheit, Menschenrechte, empirische Denkmodelle – sich progressiv durchsetzen. In den vergangenen Jahren scheint mit dem erneuten Aufstieg von religiösen Fundamentalismen und illiberalen politischen Modellen sogar das Gegenteil der Fall zu sein.
Unter dem Titel „Die Krise der Aufklärung“ setzt sich diese Reihe von Vorträgen und Diskussionen das Ziel, unterschiedliche Aspekte von Geschichte und Gegenwart der Aufklärung auszuloten.
Diese Reihe fand von 2014-2018 statt.
Die Krise der Aufklärung Programm
Es ist ein gutes Land kuratiert von Wolfgang Maderthaner
2018 feierten wir das hundertjährige Jubiläum der Gründung der Republik. Aber was bedeutet Österreich eigentlich?
Der Historiker Wolfgang Maderthaner hat 2018 den Prachtband „Österreich. 99 Dokumente, Briefe, Urkunden“ herausgegeben. Darin präsentiert er Klassiker des historischen Gedächtnisses des zentraleuropäischen Raumes, ebenso wie Unerwartetes, Unbekanntes, Überraschendes, von der ersten überlieferten Urkunde aus dem Jahre 816 bis hin zur großen Migrationskrise von 2015. Die Dokumente illustrieren einzigartige kulturelle Höchstleistungen ebenso wie Akte tiefster Barbarei, sie erzählen von dynastischem Imperialismus, von Großmachtpolitik, Widerstand und Aufbegehren, von den Schicksalen der Mächtigen wie den (Über)Lebensstrategien der von der Geschichte üblicherweise Vergessenen.
In unserer neuen Reihe „Es ist ein gutes Land. Republikanische Geschichtsstunde(n)“ entwirft Wolfgang Maderthaner mit unterschiedlichen Gesprächspartner*innen eine aktualitätsbezogene Geschichte jenes Raumes, der in unterschiedlichsten Grenzen und in jeweils massiv wechselnden Bedeutungszuschreibungen mit der Signatur „Österreich“ versehen worden ist.